Samstag, 28. Juli 2018

Consent ° Einvernehmlichkeit


Am Donnerstag haben sich wieder ganz tolle und sehr unterschiedliche Frauen bei mir getroffen.
Nach einer spannenden Sharingrunde - anfängliche Scheu schwand schnell dahin - gingen Themen wie das Öffnen einer Partnerschaft und die unterschiedlichen Phasen und Intensitäten der Lust zwischen uns im vertrauten Gespräch hin und her. Es hat mich zu der Einsicht geführt, dass alles Austauschen ein Wissensaustausch ist, denn selbst eine gut gestellte Frage bringt uns weiter. Und jede hat so viel Interessantes zu erzählen.
Im zweiten Teil ging es darum, wie wir das Wheel of Consent nutzen können, um uns über unsere Rollen beim körperlichen und intimen Austausch bewusster zu werden. Bin ich mehr Dienende oder Empfangende, nehme ich mir etwas durch Berührung oder erlaube ich sie? Dass ein klares "Nein" keine Zurückweisung sein muss, sondern von der Person als "Ja" zu sich selbst gemeint ist, war ein Aha Erlebnis für manche. Denn die Angst vor einem "Nein" führt ja oft dazu, dass wir uns nicht trauen, um einen sexuellen Gefallen zu bitten oder unsere Wünsche und Begehren zu äußern. So verharren wir oft in der Rolle des Erlaubens. Betty Martin, die dieses Rad der Einvernehmlichkeit geschaffen hat, war auch so großzügig, es als open Source Wissen zur Verfügung zu stellen. Hier erfahrt ihr mehr darüber: https://bettymartin.org/videos/

Ein interessanter Punkt sind die Schatten der einzelnen Positionen – der Übergriff des Nehmers, die Opferrolle der Erlaubenden, oder die Helferposition beim Dienenden und die Erwartungshaltung, das Faulsein beim Empfangenden. Damit hatte ich mich zuvor noch nie systematisch beschäftigt. Besonders für Frauen interessant ist ferner die „Lernaufgabe“, unsere Wünsche zu formulieren, mitzuteilen ohne sie in einen fordernden Modus abgleiten zu lassen – es soll ja auch noch Spaß machen und kreativ bleiben für den/die PartnerIn.


On Thursday again very great and very different women met with me. After an exciting round 
of sharing - initial shyness quickly faded away - topics like opening up a relationship and the different phases and intensities of pleasure went back and forth between us in an honest conversation. It has led me to the realization that all exchange is an exchange of knowledge, because even a well asked question takes us to a new point. And each one has so much interesting to tell. The second part was about how we can use the Wheel of Consent to become 
more aware of our roles in physical and intimate exchange. Am I more a giver or receiver, do I take something by touch or do I allow it? That a clear "no" does not have to be a rejection, but is meant by the person as "yes" to himself, was an "Aha" experience for some. Because the fear of a "no" often leads to the fact that we do not dare to ask for a sexual favor or to express our wishes and desires. So we often remain in the role of allowing. Betty Martin, who created this wheel of consensus, was also generous enough to provide it as open source knowledge. Here you can find out more: 
https://bettymartin.org/videos/   

An interesting point is the shadows of the individual positions - the abusive side of the taker, 
the victim's role of the allower, or the helper position in serving and the expectations 
(or laziness) of the recipient. I had never dealt with it systematically before. Especially 
interesting for women is the "learning" to formulate our wishes, to communicate them 
without letting them slip into a demanding mode - it should also be fun and creative for the 
partner.

Sonntag, 22. Juli 2018

Not compatible ° Ändere dein Muster durch einen völlig anderen Partner


for English, go down

Wie ich damit umgehe, wenn mir ein Mann, den ich sehr mag, einfach nicht mehr schreibt?
Ich habe ein neues Motto: Der Mann ist nicht kompatibel mit mir.
Erklärungen für sein Verhalten gäbe es da viele: Ist es Angst vor der Intensität oder  vor meiner Freizügigkeit? Vielleicht ein Taktieren, um das Heft in der Hand zu behalten - oder einfach nur Freiheitsliebe? Oder ist wieder was Katastrophisches passiert? Ich hoffe nicht. Die Erfahrung sagt mir, es wird so weitergehen, ich immer leicht am Verhungern oder im Sehnsuchtsmodus, weil er mir zu selten schreibt- all das ist mit mir nicht kompatibel, oder besser gesagt: nur allzu kompatibel mit meinem Muster. Ich habe nämlich genau diese alten Gefühle aus grauer Vorzeit (ja, der Kindheit). Also rattern nacheinander die Reaktionen: ich hab was falsch gemacht, ich bin unerwünscht, alles Scheiße, nur die allerschlimmste Katastrophe kann erklären, warum er jetzt nicht mehr da ist, durch den Kopf.  Und das macht keinen Spaß.

Wer ist nicht im Kontakt manchmal unsicher. Vor allem, wenn es um den Körper, um Nähe, um Intensität geht. Vielleicht erlebt er - der Mann, den ich meinte - gerade Nähe mit jemand anders. Mich würde das nicht stören. Was stört, ist die Vorstellung, dass er vielleicht glaubt, er müsse es vor mir verheimlichen. Oder dass er mich für promisk hält, jemand, die es nicht lassen kann. Ich halte mich für absolut loyal und zuverlässig und kann es nicht ausstehen, wenn man mich in eine Schublade steckt. Oder wenn man sich nicht darüber unterhalten kann, welche Beziehungsform möglich ist. So was ist auch mit mir nicht kompatibel.
Trotzdem bin ich traurig. Ich habe mal nach ihm geschmachtet (seine Lippen, Augen, seine ganze Art gefielen mir, und er schien Interesse an mir zu haben. Er war sogar fähig, das in Worte zu fassen, schriftlich). Damals war mein Motto: schmachten, aber nicht verschmachten.
Ich brauche keinen zweiten L. (jemand, nach dem ich ein Jahr lang fast verschmachtet bin). Übrigens hab ich ihn umbenannt in Keiner, und der andere heißt jetzt Niemand in meinem Telefonbuch. Wenn Niemand mir schreibt, antworte ich auch nicht. Keiner hat mir soeben ein Foto geschickt.
Ich habe einen sehr klugen Rat bekommen, von meinem Gast aus Australien: Du brauchst einen ganz anderen Partner. Ich wollte es erst nicht glauben, meinte, ich müsse doch erst mein Muster bearbeiten, die inneren Defizite beseitigen (auch so ein schönes Paradox), meine Erwartungen verändern, aber er bestand darauf: Mit einem anderen Typ von Mann kannst du dein Ziel schneller erreichen.
Die Herausforderung bestünde dann darin, mich in jemand zu verlieben, in den ich mich normalerweise nicht verlieben würde? Genau. Denn verlieben bedeutet immer Projektion, das liegt in der Natur der Sache, denn ich kenne denjenigen anfangs nicht, spüre nur so ungefähr, dass da was ist. Und was ich projiziere, ist mein eigenes Material. Und wenn ich das nicht mehr will, was ich da suche und finde, dann kann ich ganz bewusst die Entscheidung treffen: ich suche mir jetzt mal ein anderes Muster. Auch wenn es bedeutet, dass ich NICHT fasziniert und sehnsüchtig bin, auch KEINE Schmetterlinge im Bauch habe.
Ich halte Euch auf dem Laufenden.

Update: Niemand hat sich nach sechs Tagen des Schweigens gemeldet und möchte mich sehen.
Er war bei seiner Familie im Süden. Mache ich einen Fehler, wenn ich zusage? Vielleicht kann ich diesen behalten UND mir einen völlig anderen Partner suchen. Für eine gute Erfahrung, als Experiment und um daran zu wachsen.

Update: Vielleicht ist es doch dieser, mit dem ich trotz der Verwundungen voranschreiten kann. Gestern gab es einen Rohrbruch, einen Wasserfall der Eröffnungen und er hat mir Dinge gesagt, an die mein armes Herz schon die ganze Zeit nicht mehr glauben wollte.

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How do I deal with a man I like a lot who just does not write to me anymore? 
I have a new motto: The man is not compatible with me. 
 
Explanations for his behavior there are many: Is he afraid of the intensity or is my 
libertarian life style too much for him? Maybe he uses tactics to keep the upper hand - 
or does he just love his own freedom too much? Or has something catastrophic happened 
again? I hope not. 

Experience tells me it's going to continue, I'm always going to be starving or in longing 
mode because he rarely writes to me - all of that is incompatible with me, or rather, 
just too compatible with my pattern. For I have exactly these old feelings from the 
distant past (yes, of childhood). So the reactions rattle through my head one after the 
other: I've done something wrong, I'm unwanted, all is shite, only the worst disaster 
can explain why he is no longer there now. And that's no fun. We are all insecure 
sometimes, especially when itcomes to the body, closeness, intensity. 
  
Maybe he is experiencing closeness with someone else. I would not mind that. What 
bothers me is the idea that he may think he has to hide it from me. This is not compatible 
with me. Nevertheless, I am sad. I once pined for him (his lips, eyes, his whole attitude I liked, 
and he seemed to be interested in me, he was even able to put that into words, in writing!). 
At that time, my motto was: pining, but not too much. I do not need another L. 
(someone I had a crush on for a whole year). Btw, I have renamed L. into No-one, and 
the other one is called nobody in my phone book. If Nobody write to me, I don't answer. 
No-one has sent me a photo the same day.
 
I have received very wise advice from my Australian guest: You need a different partner. 
I did not want to believe it at first, thought I had to eliminate or work on my pattern first, 
change what I expected, but he insisted: With another guy you can reach your goal faster.
The challenge then would be to fall in love with someone I normally would not fall in love with? Exactly. Because falling in love always means projection, that is in the nature of the thing, because I do not know the guy at first, only sense that there is something there. And what I project is my own material. And if that which I'm looking for and finding no longer suits me, then I can consciously make the decision: I'm looking for a different pattern.
I will keep you up to date.
Update: Nobody wrote to me after six days of silence. He was at the family home in the South. Now he wants to see me. Am I making a mistake in answering? Maybe I can find a totally different partner and keep this one. For an overall good experience, as an experiment and to grow.
Update: Maybe it's this one that I can go forward with despite the wounds. Yesterday there was a a breakthrough, a waterfall of openings and he said things that my poor heart did not want to believe in any more.

Mittwoch, 4. Juli 2018

Why misogyny is a mental illness ° warum Frauenfeindlichkeit eine Geisteskrankheit ist


"Weißt du, warum Frauenfeindlichkeit eine Geisteskrankheit ist? Weil, wenn du genau das hasst, 
was du begehrst, ist das verdammt angespannt!" Hannah Gadsby (aus ihrer Show Nanette) 

Frauen eines gewissen Alters und ihre Sexualität sind ein Thema, das kaum jemand ansprechen 
möchte. Die amerikanische Netflix-Serie Grace und Frankie tut es. Sie machen sich sogar über 
Werbung lustig, wenn ein Vibrator für die alternde Frau mit stark photogeshoppten Porträts der 
beiden Protagonistinnen (gespielt von Jane Fonda und Lily Tomlin) beworben wird, die das 
handgelenkschonende Sexspielzeug "Vybrant" erfunden haben. Die Wahrnehmung der Männerwelt 
von der Sexualität einer Frau über 45 ist nicht gut, Vielleicht ist ihre Sehstärke von Potenzneid 
beeinträchtigt. Während Männer in ihren 40ern und 50ern mit der Abnahme ihrer Potenz 
konfrontiert sind, kann die sexuelle Potenz einer Frau mit zunehmendem Alter und Erfahrung 
immer größer werden. Natürlich nicht, wenn du dem Hype glaubst und denkst, dass es aus und du fertig bist, wenn 
die Männer dir nicht mehr auf der Straße hinterherschauen.
Die Ansicht der Männer - und das ist die Ansicht, die unsere Gesellschaft bis heute vertritt -, dass 
eine Frau jenseits des gebärfähigen Alters kaum einen Platz in der Gesellschaft verdient hat. Menschen 
in einem bestimmten Alter werden ohnehin aufgrund ihres geringeren Beitrags zum Arbeitsmarkt
ausgegrenzt, aber im Fall einer Frau beginnt diese Ausgrenzung bereits in den Wechseljahren, also 
zwischen 45 und 55 Jahren - es sei denn, sie hat eine Machtposition erreicht, was selten genug ist. 
Sie ist das zweite Geschlecht (Simone de Beauvoir) für den ersten Teil ihres Lebens, jetzt wird sie 
ein Unsichtbares: eine Frau, die sich nicht fortpflanzen kann, erhält als Konsequenz die Leugnung 
ihrer Sexualität, ihres Wesens in der öffentlichen Meinung. Dies ist ein übles Doppelkonstrukt: 
Wenn sie jung und attraktiv ist, wird sie als inkompetent, als sexuelle Beute angesehen und nicht 
ernst genommen, wenn sie nicht jung und attraktiv ist,sieht man sie überhaupt nicht mehr. 
Das sexualisierte Bild der Frau in der Werbung und in der Filmindustrie hat zwei Schattenseiten.

Ich wünschte, ich würde Witze machen. Die Frau kann der schlimmste Feind einer Frau sein, wenn sie 
die Perspektive eines Mannes annimmt. Wenn wir wirklich etwas über die Erfahrung einer älteren Frau 
wissen wollen, müssen wir uns in einen matriarchalen und sexpositiven Raum begeben. Wo ist die Welt 
existiert so etwas? Wenn nicht, wird die soziologische Analyse bezüglich älterer Frauen und ihres 
Sexuallebens nur die mysogynistische Sichtweise einer patriarchalischen Gesellschaft, ihrer Wahrnehmung 
und ihrer Annahmen widerspiegeln, und ein Leben, die gemäß diesen Annahmen gelebt wird.



"You know why misogyny is a mental illness? Because if you hate the very thing you desire that's fuckin tense!" Hannah Gadsby (from her show Nanette)

Women of a certain age and their sexuality are a topic that hardly anyone wants to address. The American netflix series Grace and Frankie does. They even take the piss out of advertising and their ageist take on women when a vibrator for the ageing female is being advertized with heavily photoshopped portraits of the two protagonists (played by Jane Fonda and Lily Tomlin) who invented the sex toy "Vybrant" that is kind to their hurting joints. Sex for a female at over 45: its perception in a man's world is not good, the vision might be impaired by potency envy. While men are confronted with a diminishing sexual prowess while in their 40 and 50es, the sexual potency of a woman can be ever increasing with age and experience. Of course not if you believe the hype and think that its over and you're done with once the men do not leer at you any more.

Taking the view of man - and thats the view our society takes so far -, a woman beyond child bearing age hardly deserves a place in society. People over a certain age anyway are marginalized due to their lesser contribution to the work market, but in case of a woman, that starts at menopause, say between 45 and 55 - unless she has made it to a power position, which is rare enough. The second sex for the first part of her life, now she becomes an invisible: when a woman who cannot procreate, as a consequence the denial of their sexuality, of her very being in the public view. This is a concumdrum:  if they are young and attractive, they are seen as prey, incompetent, and not taken seriously, if they are not young and attractive, they are not seen at all. Sexualizing women in advertizing and the film industry has two down sides.
I wish I was joking. Woman can be a woman's worst enemy if she takes on a man's perspective.
If we really want to know about an older woman's experience we have to immerse ourselves into a matriarchal and sex-positive space. Where is the world does such a thing exist?
If not, the sociological analysis regarding older women and their sex-lives will only mirror the mysogynist view of a patriarchal society, of perception and assumptions, and lives lived according to those assumptions.