Freitag, 25. Mai 2018

The intricacies of polyamory and sex positive spaces ° Poly und Party

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Man hat mir zugetragen, dass das Flirten auch in der Polyamorie - der Vielliebe - zwischen den Geschlechtern nicht so selbstverständlich, dass die Verhältnisse oder ihre Akteure verunsichert seien. Männer wollen nicht mehr die Rolle spielen, die ihnen zugewiesen wurde, sie haben Schuldgefühle ob der Täterschaft, sie möchten nicht immer derjenige sein, der die Initiative ergreift. Eine Frau, die sich aufrafft, ihn auch mal aktiv anzusprechen, fällt aber dennoch bald in ihre Rolle zurück. Jetzt soll er wieder den nächsten Schritt machen. Dann gibt es so eine Art Pattsituation.

War die Liebe – als Ausdruck der Autonomie des Individuums, also freiwilliger Wahl aus Zuneigung – zunächst Voraussetzung der Emanzipation der Frau, ist sie nun eine stete Quelle des Unglücks und Ausdruck der ungleichen Machtverhältnisse geworden. Die reine Beziehung macht die Privatsphäre auch unbeständiger, da nicht mehr ökonomische Abhängigkeit die Dauer bestimmt, sondern die wechselhaften Gefühle und ihr Ausdruck im Alltag.
Was im Matriarchat anders ist, denn es gibt die private Ehe als vom Staat geförderte Insitution so nicht, es gibt nur die Frauen als Zentrum – ökonomisch und als Familienstamm – und die Männer als Trabanten. Somit kann man überlegen, was Privateigentum mit unserer Gesellschaft gemacht hat: dies ist mein Land, mein Geld, Meine Frau, meine Kinder. Mein Auto, mein Pool, mein Kuckuck.

Wenn frau dies Buch von Illouz von 2012 gelesen hat, müsste sie eigentlich aufschreien: Ich will mit Liebe nix mehr zu tun haben. Weenn sie die Stellung einnimmt, die ihr gebührt, dann wird Liebe und Sex für sie anders definiert werden, ohne Leid.
Die Selbstdefinition durch sogenannte Liebe vergiftet alle Beziehungen. 
Da, wo wir uns als Schwestern, Mütter, Töchter verbünden statt uns zu untergraben, weil wir uns als Rivalinnen im Liebeskampf sehen, da wird die Gesellschaft geheilt. Habt Sex, wann und wo und mit wem ihr wollt, und lasst Euch keine Etiketten aufkleben. Ethical slut oder nicht ethical slut: wir können dieses Label für uns kapern, und uns selbst Sluts nennen, aber andere dürfen das nicht oder nur unter bestimmten Vorausetzungen. Deswegen ist auch der Buchtitel: Schlampen mit Moral für mich zweischneidig, denn er setzt von außen eine Definition auf, die negativ besetzt ist (sogar Moral hat hier was Verruchtes, weil eine Moral auch etwas aufgesetztes ist, während das amerikanische Original noch das Szepter in der Hand hat).

Man könnte natürlich auch behaupten, die Polyamorie spiegele eine entsetzliche Bindungsangst wider. Sich nicht auf einen Partner festzulegen, weil die Wahlmöglichkeiten zu groß geworden sind.Sich mit Zweit- und Drittpartnern auszustatten, weil es dann sichererer wird.

Transparenz, Konsenz, die Verantwortung für mein und das Wohlergehen des anderen (soweit ich darauf Einfluss habe) setzt voraus die Ehrlichkeit mit sich selbst, also ein wenig mehr mitzuteilen, als unbedingt nötig ist,  dies wird in Kreisen der Polyamoristen schon stark kultiviert. Wenn es auf der einen Seite die Hedonisten gibt, die unbedingt mehr Spaß haben wollen – was laut Lydia Lunch „Pleasure is the ultimate Rebellion" ja auch super ist -, gibt es auf der anderen die, die durch ganz bewußte Beziehungsführung Veränderung bewirken und die Unzufriedenheit  mit bestehenden Verhältnisse durch ihren gelebten Beziehungsaktivismus in größere Zufriedenheit verwandeln wollen. Aber nicht nur das: Sexpositive Räume bewirken die Ausleitung sexualisierter Gewalt aus weiten Kreisen der Gesellschaft, eben denen, die dazu in der Lage sind, sich achtsam und verbal kommunizierend in solchen Räumen zu bewegen. 
Was heißt das ganz konkret? Sagen wir, du bist in einem Club, wo Sex ausdrücklich gestattet ist. In manchen Zimmern oder Bereichen dieses Clubs ist es explizit erwünscht, aber du kommst als Mann nur mit einer Partnerin rein. In anderen kann es passieren, dass du gerade mit deinem Partner/in vögelst und du wirst von fremden Händen berührt. 
Da sollte schon mal das gelbe Ampellicht angehen: man muss fragen. Um nicht verbal, sondern mit den Händen oder mit dem Körper zu fragen, muss man sich verlangsamen, damit die/der andere Zeit hat zu reagieren.
Wenn ich das nicht mag, sollte ich klar und deutlich, nein, jetzt nicht sagen, und die Person sollte sich für mein Nein bedanken. Die gleiche Berührung kann in diesem Moment unerwünscht, eine Stunde später schon genau richtig sein. Das Annehmen wie auch das Austeilen eines Nein muss erlernt werden. Wir kennen das nur als Ablehnung unserer Person. 


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I have been told that flirting is also in polyamory - the love of more than one person - between the sexes, the circumstances or their actors are unsettled. Men no longer want to play the role assigned to them, they feel guilty about being a perpetrator, they do not always want to be the one to take the initiative. A woman who gets up to actively approaching him, soon tends to fall back into her passive role: Now he should take the next step again. Then there is a kind of stalemate.  
If love - as an expression of the autonomy of the individual, that is, a voluntary choice of affection - was first a precondition for the emancipation of women – because she did not marry out of economic necessity - , it has now become a constant source of unhappiness and an expression of the unequal power relations. The “pure relationship” also makes coupling more volatile. Which is completely different in matriarchy, because private marriage does not exist like that, there are only women as a center of the family tribe - economically and as the holder of the lineage - and men are their satellites. Thus one can think about what private property has done to our society, the society that is defined as partiarchal, late capitalism: this is my country, my money, my wife, my children. My car, my pool, my cuckoo.   
If one has read this book by Illouz from 2012, she would actually have to cry out: I do not want to have anything to do with love anymore. I would like to throw in a belief, a speculation: if she takes the position she deserves, love and sex will be defined differently for her, without suffering.  The self-definition through so-called love – as being the partner of a man - poisons all relationships.  Where we join forces as sisters, mothers and daughters instead of undermining ourselves because we see ourselves as rivals in love struggle, society might be healed. Have sex, when and where and with whom you want, and do not put any labels on others or on yourself. Ethical slut or not ethical slut: we can hijack this label for ourselves and call ourselves “Sluts”, but others are not allowed to do so or only under certain conditions. That's why the book title:  “Schlampen mit Moral” for me is double-edged, because it sets a definition that is negatively occupied (even moral here has something negative, because a morality is also something to do with the duality of good and nasty, while the original American “The Ethical Slut” still holds the scepter or self-definition in hand).
 Of course, one could also say that polyamory reflects a terrible bondage fear. Not committing yourself to a partner, because the choices have become too large. To equip oneself with a second and third partner, because then it is or feels safer.  
Transparency, consensus, the responsibility for my and the well-being of the other (as far as I have influence on it) presupposes the honesty with itself, thus the necessity to communicate a little more than is absolutely necessary, this is already cultivated in circles of the Polyamoristen strongly. On the one hand there are the hedonists who really want to have more fun - which according to Lydia Lunch "Pleasure is the Ultimate Rebellion": that is also great, because those who through deliberate relationship management bring about change and eliminate dissatisfaction with existing conditions through their activism (of polyamory or relationship anarchy). Furthermore, sex-positive spaces can dissipate sexualized violence from a wide circle of society, at least with those who are able to attentend and verbally communicate in such fields. 
What does that mean in concrete terms? Let's say you are in a club where sex is expressly allowed. In some rooms or areas of this club it is explicitly desired, but you come as a man only with a partner. In others it can happen that you are interacting with your partner and you are being touched by strange hands. Now the yellow traffic light should go on: you have to ask. In order to ask not verbally but with the hands or with the body, one has to slow down, so that the other one has time to react. If I do not like that, I should say clearly, “no, not now”, and the person should thank me for showing my boundaries clearly. The same touch at this moment may be undesirable, but just right a while later or from a different person. The acceptance as well as the giving of a clear “no” must be learned. We know this only as a rejection of our person – in a sexpositive space it is nothing like that.

To be continued.

Dienstag, 22. Mai 2018

Online Dating and what makes a man a man ° Wann ist ein Mann ein Mann?

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Eigentlich habe ich schon alles über Online Dating geschrieben, was ich dazu sagen wollte.
Ich war fünf Jahre unterwegs, habe verlorene Zeit nachgeholt, falls man das so sagen kann.
Junge Männer waren mein Hobby. Ja, warum auch nicht. Wenn wir im Matriarchat leben würden, wäre es normal, dass eine Frau mit viel Erfahrung höher geschätzt würde als eine ohne. Dass Mann sich gerne von einer Frau (ver-)führen, leiten und versorgen ließe.
Ich höre euch rufen: Sind das echte Männer?
Echte Männer sind so: Im Extremfall sind sie Krieger, in weniger extremen Fällen haben sie das männliche Bonding des Kriegers verinnerlicht, sind tough, zeigen (haben) keine Gefühle, werden mit allem allein fertig und sind bereit, Frauen zu beschützen. Das Kavalierspiel ist ja nichts anderes als die Kehrseite des Frauen- verächtlich-machen in Beziehungen und auf der Straße. Frauen müssen schwach sein, hübsch und hilflos. Dieses Verhalten zeigt, dass man ein Mann ist. Denn um ein echter Mann zu sein, darf man keine Frau sein. Deshalb muss die Frau so sein sein, damit man sich von ihr abgrenzen kann.
(mehr dazu in LOVE AND WAR: HOW MILITARISM SHAPES SEXUALITY AND ROMANCE von Tom Digby)  
Als ich dann heute über Christian Seidel und sein Buch „Ich komme“ (Heyne Verlag) las, wurden mir neue Argumente zugespielt, die die Unfähigkeit von Männern bestätigen, über intime Gefühle und Sexualität zu reden. Aber sind es wirklich Argumente? Oder nur eine Beschreibung? Woher kommt das alles? Waren nicht die bürgerlich Werbenden im 18 . Jahrhundert und die Minnesänger in der höfischen Liebe sehr wohl in der Lage, Gefühle in Worte zu fassen, weil sie sonst überhaupt nicht landen konnten bei der Damen ihres Herzens?
Haben wir auch dazu beigetragen, indem wir ihnen nichts abverlangten? Wir – Frauen - denken doch auch, dass Männersexualität sich im Penis abspielt, dass Gefühle für sie untergeordnet oder lästig sind.
Nehmen wir meinen Freund B. – „ich will keine Beziehung“ war so ungefähr das erste, was er mir sagte, als wir nach Wochen des sexting endlich ein richtiges Date hatten.  Oder war es noch davor, im schriftlich-fotografischen Stadium unseres „Verhältnisses“?
Jedenfalls habe ich gleich zugestimmt: nein, auch ich wollte keine Beziehung, jedenfalls nicht eine konventionelle , bei der B auf A folgt und C dann Zusammenziehen heißt.
Aber was dann folgte, war ein Verwirrspiel: wie selten sonst bei ersten oder zweiten Dates, fuhren wir sexuell aufeinander ab. Ich durfte ihn Liebling nennen. Und dann zog er sich in eine zweiwöchige Krankheit zurück (die durchaus real war) mit Fieberträumen und arbeitsunfähig.
War das eine psychosomatische Krankheit, die Folge von durchbrochenen „Mauern“, die sorgfältig aufrecht erhalten werden sollten, um das seelische Gleichgewicht, die Männlichkeit zu stützen?
Oder einfach nur ein Rückzug, wie er im Buche steht, weil Gefühle ja gefährlich sind.
Ich weiß es bis heute nicht.
Ich denke, auch Männer haben Gefühle, und wenn sie sich darüber lustig machen, ja dann besonders. Nur: ich kann nicht warten (und unter dem Fehlen zärtlicher Zugewandtheit leiden), bis der andere sich entschließt, eine Öffnung auch von sich aus aktiv zu betreiben und sich anzuvertrauen. Muss sich komisch anfühlen.
heute Nacht träumte ich von Kindern, die sich ein Kindermassengrab anschauen mussten. Ähnlich meiner eigenen Erfahrung mit meinem toten Vater, den ich als 12Jährige im Sarg nicht sehen wollte, weil ich Angst vor dem Anblick hatte, bis meine Mutter mich stehen ließ, nach dem Motto „Deine Entscheidung“ und ich dann doch ging, sträubten sich in meinem Traum zwar nicht die beiden (afrikanischen) Kinder, aber ich selbst, und sah ihnen nur zu wie sie einer nach dem anderen um die Ecke bogen und gleich darauf mit Schütteln und einem Ausdruck von Entsetzen zurückkamen. Darauf umarmte ich sie und wiederholte mehrmals: „Es tut mir leid“.
Eine Interpretation habe ich nicht. Es kann sein, dass der Gedanke an männliche geführte Kriege (gestern im Seminar mit dem Text von Digby) und das Leiden an diesen Männern, die sich sich öffnen könen, einen Link zu meinem inneren Kind geöffnet haben. Eigentlich war mein Vater nicht so. Er schrieb (unter anderem) Liebesgedichte. Er konnte sogar Sexualität in Worte fassen, metaphorisch, in einem Gedicht auf eine Geliebte. Aber trotzdem fahre ich auf Männer ab, die diesen Part verneinen. Richtig verbogene abgespaltene Männer, die sich nicht auf den Weg gemacht haben. Da liegt noch Arbeit rum, Betty. Mach dich selbst auf den Weg.

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Actually, I've already written everything about online dating, I wanted to say. I've been on the road for five years, catching up on lost time, if you want to put it that way. Young men were my hobby. Yes why not. If we were to live in matriarchy, it would be normal for a woman with a lot of experience to be valued more highly than one without. Men would like to be guided, seduced and cared for by a woman. I hear you call: Are these real men? Real men are like that: in extreme cases, they are warriors, in less extreme cases they have internalized the warrior's masculine bondage, are tough, do not have any feelings, cope with everything and are ready to protect women. The cavalier play is nothing but the other side of degrading women in relationships and on the street. Women must be weak, pretty and helpless. This behavior shows that you are a man. Because to be a real man, one must not be a woman. That's why the woman has to be like that, so that one can distinguish herself from her. (more in LOVE AND WAR: HOW MILITARISM SHAPES SEXUALITY AND ROMANCE by Tom Digby)When I read today about Christian Seidel and his book "Ich komme" (Heyne Verlag), new arguments were played to me that confirm the inability of men to talk about intimate feelings and sexuality. But are they really arguments? Or is it just a description? Where does all this come from? Were not the bourgeois suitors in the 18. Century and the lovers in courtly love all well able to express feelings in words, because they could not otherwise convince at the ladies of their hearts? Did we also contribute by not demanding this from them anymore? We - women - also think that male sexuality happens in the penis, that feelings are anathema and/or annoying to them. Take my friend B. - "I do not want a relationship" was about the first thing he said to me when we finally had a real date after weeks of sexting. Or was it before that, in the written-photographic stage of our "relationship"? In any case, I immediately agreed: no, I did not want a relationship, at least not a conventional, in which B follows A, and C means we’re moving in together. But what followed was a confusing game: as rarely happens on the first or second dates, we really were into each other, at least sexually. I was allowed to call him darling. And then he retreated into a two-week illness (which was quite real) with feverish dreams and incapacitated for work. Was this a psychosomatic illness, the result of broken "walls" that should be carefully maintained to support the mental balance of masculinity? Or just a retreat, as it is in the book, because feelings are indeed dangerous. I do not know until today. I think men too have feelings, and if they make fun of them, then especially. Only: I can not wait (and suffer from the lack of tender affection) until the other man decides to actively open up and trust enough to offer his feelings and talk about them. Must feel weird.Tonight I dreamed of children who had to look at a child mass grave. Similar to my own experience with my dead father, whom I did not want to see in my coffin when I was 12 years old, because I was afraid until my mother pushed me verbally by saying “it’s up to you”, and then I went, In my dream, I was struggling, but not the two (African) children, I was just watching them turn around the corner one after the other, and then come back shaking and with an expression of horror on their faces. Then I hugged them and repeated several times: "I'm sorry." I do not have an interpretation. It may be that the thought of male-led wars triggered it (yesterday in the seminar with the text of Digby) and the suffering of those men who can open themselves have opened a link to my inner child. Actually, my father was not like that. He wrote (among others) love poems. He could even put sexuality into words, metaphorically, in a poem to a lover. But still, I'm counting on men who deny that part. Correctly bent split-off men who have not made their way. There's still work to do, Betty. Get on the way. 



Samstag, 19. Mai 2018

WHAT WOMEN CAN DO FOR EACH OTHER ° WARUM FRAUENRUNDEN?

for English, see below
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Ich habe eine Frauenrunde initiiert, die sich im Rhythmus von zwei Wochen trifft. Wir sprechen über Liebe, Männer, Beziehung und Sex, all das, wofür wir zu Expertinnen geworden sind, die Domäne der Frau sozusagen, im besten soziologischen Sinn (Disclaimer: nein, ich glaube nicht, dass es ihr naturgegeben ist). Ich wurde gefragt, warum ich diese Runde angeschoben habe, und mir fiel ein: weil ich Anstöße geben möchte, weil ich viel Erfahrung habe und weil ich möchte, dass Frauen aufhören, an der Liebe zu leiden.  

Zweitens durch die Leitung eines Gesprächs, in dem jede Frau von sich und ihren Erfahrungen sprechen kann, wobei Nachfragen sie tiefer in den Kern des Problems bringen, wo die Lösungen ihr selbst einfallen können. Drittens indem ich viele Lösungen, die ich selbst gefunden habe, erzähle und so Vorurteile abbaue, Anstöße gebe und Aha-Eerlebnisse erzeuge. Manchmal fällt es den Zuhörern wie Schuppen von den Augen, manchmal sind sie einfach überfordert. Eins meiner Steckenpferde ist es zu zeigen, wie es möglich ist, als Frau jenseits der gebärfähigen Alters ein aktives und erfüllendes Leben zu haben. Ich zeige, dass viele Annahmen einfach nur angelernte Konventionen sind. Ich stelle mich nicht außerhalb der Gesellschaft - das geht ja gar nicht -, aber ich habe Witz und Kreativität angewandt, um das enge Korsett zu lockern und mir eine paar Dinge zu erobern, die ich selbst früher nicht für möglich gehalten habe. Kommunikation über Sexualität im Detail mit unseren Partner wurde nie erlernt - das kann frau nachholen, zu sagen was sie will und was nicht, und wie man ein Nein gibt, ohne den Partner zurückzuweisen (und eins einsteckt ohne sich zurückgewiesen zu fühlen). Die Langeweile der Langzeitbeziehung, die Machtverhältnisse zwischen zwei Menschen, von denen die/der eine stets mehr Sex will als die/der andere - alles Themen, die aufs Tapet gehören.
Kurzum: Im Gespräch auftauchende Themen werden behandelt, während wir zusammensitzen, und Vertrauen entsteht, indem wir uns öffnen und etwas preisgeben. Radikale Ehrlichkeit, ohne zu urteilen. Alle Gefühle sind willkommen. Grenzen ziehen ist ebenfalls willkommen. Die Lernkurve ist oft steil.

Ich lebte mit Mitte vierzig in einer süddeutschen Kleinstadt, alleinerziehend und mit einem anstrengenden Job. Zuvor hatte ich sieben Jahre in London verbracht, da war alles etwas einfacher. Keine Ahnung, was mich geritten hat, das aufzugeben, wahrscheinlich die größte Fehlentscheidung in meinem Leben. Um mich herum nur Pärchen. Ich war soziale Persona Non Grata, man konnte mich nicht einladen – eine alleinstehende Frau würde einer anderen den Mann wegnehmen. Hinzu kam, dass ich den Mythos glaubte, jenseits der 40 sei es wahrscheinlicher, von einer Atombombe getroffen zu werden als nochmal zu heiraten. Und ich fühlte, dass die Blicke der Männer auf der Straße sich nicht mehr für mich interessierten. Was man mir erzählt hatte, wurde zur Realität. Oder die Realität war so anders geworden, dass ich nach einer Erklärung suchte. Ich wurde sehr krank.
Mit dem Umzug nach Berlin und meinem Entschluss, nie wieder auf Kosten des Malens  Geld verdienen zu gehen, wurde es langsam besser. Es dauerte aber immer noch ein paar Jahre, bis ich kapierte, dass jüngere Männer sich für mich interessierten. Der erste kam aus heiterem Himmel über Facebook auf mich zu.
Ja, ich probierte vorher schon mal Elite-Partner oder Ähnliches aus, aber das war es so verstaubt, dass ich beim Öffnen der Plattform husten musste. Übrigens erzählte eine Frau aus der Gesprächsrunde gestern, dass sie dort nur Fakes getroffen habe, die das Foto vom jüngeren Bruder eingestellt hatten. Für mich waren dort vor allem die patriarchalen Strukturen auffällig, das Verlangen des alten Sackes nach einem Trophäenweibchen. Man bewarb sich als Frau bei einem elitären Typen, und sei es ein KFZ Mechaniker. Und wurde taxiert nach den Qualitäten der Tussi, selbstverständlich verlor ich immer gegen die Supertussis.
Aber dann kam eines Tages dieser schlaksige Musiker aus Hamburg an, er wollte seine Bilder in meinem Projektraum ausstellen. Und ein halbes Jahr später empfahl mir eine Freundin diese Dating Plattform, auf der besonders viele linke, kreative und was weiß ich für kuriose Typen sich tummelten. 
25% aller Männer finden für ältere Frauen attraktiv. 
Und dann reden wir natürlich über Selbstliebe, die Voraussetzung dafür, überhaupt in einer Beziehung glücklich zu werden, aber nicht nur das: wenn ich in mir selbst Glück finde, Freude, Zufriedenheit, dann höre ich auf, nach jemandem zu suchen, der mich glücklich macht. Dazu das wunderbare Filmchen von Will Smith schon gesehen? 
https://www.youtube.com/watch?v=dMZ2aNnJdx8


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I initiated a women's talking circle that meets every two weeks. We talk about love, men, relationship 
and sex, all that we have become experts on, the woman's domain so to speak, in the best sociological 
sense (Disclaimer: no, I do not think it's natural for her). I was asked why I started this circle, and it 
occurred to me: because I want to give some impulses because I have a lot of experience and because 
I want women to stop suffering from love.  
 I accomplish this through three things: 
Once, by initiating self-reflection in the beginning with preparatory written questions. 
Second, by conducting a conversation in which every woman can talk about herself and her experiences, 
inviting her to get deeper into the heart of the problem, where the solutions come to mind. 
Third, by telling many of the solutions I've found myself to break down prejudices, give impulses, and 
create heureka experiences. Sometimes the listeners will have eye opening experiences, sometimes they are just 
overwhelmed. One of my hobbies is to show how it is possible to have an active and fulfilling life as 
a woman beyond your childbearing age. I show that many assumptions are just learned conventions. 
I do not stand outside society - that's not possible - but I've used wit and creativity to loosen my tight 
corset and conquer a few things that I myself did not think possible before. Communication about 
sexuality in detail with our partner was never learned – that has to be a must, to say what you want 
and what not without feeling that you reject your partner (and taking a no without feeling that you 
are rejected). The boredom of the long-term relationship, the balance of power between two people, 
one of whom always wants more sex than the other - all themes that belong on the wallet.
In short, issues that arise in conversation are treated as we sit together, and trust arises by opening 
and revealing. Radical honesty, without judgment. All feelings are welcome. Borders are also welcome. 
The learning curve is often steep. 

In my mid-forties, I lived in a small town in southern Germany, a single parent with a demanding job. 
Previously, I had spent seven years in London, everything was a bit easier. No idea what drove 
me to give that up, probably the biggest wrong decision in my life. Only couples around me. 
I was a social persona Non Grata, you could not invite me - a single woman would take away 
the husband from another. In addition, I believed the myth that beyond the 40s it was more likely 
to be hit by a nuclear bomb than to marry again. And I felt that the looks of the men on the street 
were no longer interested in me. What I was told became reality. Or the reality had become so 
different that I was looking for an explanation. I became very ill. 
 
With the move to Berlin and my decision to never make money again at the expense of my life 
as a painter, things got better and better, but it still took me a few years to realize that younger men 
were interested in me. The first came to me out of the blue on Facebook. 
Yes, I used to try elite partner or something similar before, but that was so dusty that I had to cough 
when opening the platform. By the way, a woman from the conversation 
yesterday said that she only met fakes there who had taken the picture of her younger brother. 
For me, it was especially the patriarchal structures, the desire of the older alpha male 
for a trophy wife. You applied as a woman to an "elite" guy, be it a car mechanic. And was taxed 
on the qualities of the chick, of course, I always lost to the superchicks. 
But then one day this lanky musician from Hamburg arrived, he wanted to exhibit his pictures in 
my project space. And half a year later, a friend of mine recommended this dating site, where a lot 
of left-wing, creative, and what not, I know, strange guys were bustling. 25% of all men find 
older women attractive for. And then of course we talk about self-love, the prerequisite for being 
happy in a relationship at all, but not only that: if I find happiness in myself, joy, contentment, then 
I stop looking for someone who makes me happy. 
Have you seen the wonderful video by Will Smith?
https://www.youtube.com/watch?v=dMZ2aNnJdx8

Donnerstag, 17. Mai 2018

Autonomy and Recognition ° Autonomie und Anerkennung

for English, see below
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"Weil der Selbstwert der Frauen am engsten mit der Liebe verknüpft ist, weil Frauen die Hauptzielgruppe psychologischer Beratung waren und weil der Rückgriff auf psychologische Beratung ihre Beschäftigung damit fortsetzt, sich selbst und ihre Beziehungen zu überwachen, haben Frauen auch mit größerer Wahrscheinlichkeit die Struktur jener Beratung verinnerlicht, die da besagt: Verlassen zu werden oder schlicht Single zu sein, verweist auf eine Unzulänglichkeit des Selbst, das an seiner eigenen Niederlage spinnt. Ich behaupte, dass sich Männer und Frauen im Ausmaß ihrer Selbstbeschuldigung unterscheiden. Oder, anders gesagt, dass die Spannung zwischen Anerkennung und Autonomie kulturell mit Hilfe einer therapeutischen Sprache bewältigt wird, die auf je unterschiedliche Weise in die Positionen und Beziehungen von Männern und Frauen eingeschrieben ist. Ein Zweifel, aus dem Sicherheit entsteht, könnte eine typische Gedankenfigur für einen Mann sein, der sich seiner selbst bemächtigt. Der von mir beschriebene Selbstzweifel jedoch ist eine weibliche Gedankenfigur und verweist auf eine Subjektivität, die in der Spannung zwischen Autonomie und Anerkennung gefangen ist und der es an einer klaren und starken Verankerung fehlt, wie man sie braucht, um Selbstwert zu entwickeln."

Erstens: Ich habe nichts gegen exklusive Beziehungen. Das heteronormative Modell ist für viele immer noch das Ideal, nach dem sie streben, oder ein Automatismus, in den sie verfallen, wenn sie sich verlieben. Sie leben es in serieller Weise, sie lieben jeweils nur eine Person, und solange sie mit dieser Person zusammen sind, "dürfen" sie auch niemand anderes lieben.

Das Glück steht und fällt mit dem Funktionen dieser einen "Liebe". Und das ist gut so. Was könnte erfüllender, sanfter, aufregender und glücksverheißender sein, als die gegenseitige Bestätigung: Ich will dich, ich sehe in dir meine Zukunft, mein Gegenüber, den Vater/die Mutter meiner Kinder, ich begehre dich.
Ohne Drama läuft es jedoch meist nicht ab. Und mit jedem Scheitern am Anfang, Ende oder in der Mitte einer solchen romantischen Liebe nagt der Selbstzweifel uns Frauen kaputt. Was ist die Alternative? Es gibt nichts Richtige im Falschen? Ohne Umsturz keine anderen Beziehungen? Das dauert mir zu lange. 
Zweitnes: Wir haben erfahren, dass wir mehrere Personen lieben können - nach einer Trennung kam irgendwann eine neue Liebe. Das heißt, es ist möglich, nur zeitlich versetzt. Warum soll es nicht gleichzeitig möglich sein? Also natürlich auch zur selben Zeit, im gleichen Raum, aber ich meinte eher, im gleichen Lebensabschnitt, einen Tag diesen, am anderen Tag jenen Menschen zu treffen und beide oder alle dreien in meinem Herzen einen Raum zu geben, so wie ich es mit Familienmitgliedern und Freunden auch tue? Die meisten Frauen antworten daruaf mit Panik, weil sie sich sofort vorstellen, dass ihr Geliebter dies gleichzeitig mit anderen Geliebten tut.
Worauf ich hinaus will, ist die Blickrichtung umzukehren und zu fragen: wie würde es mit damit gehen, wenn ich alles haben kann und mir dadurch nichts verloren geht? Also aus meiner Perspektive an die Mehrfachbeziehung heranzugehen, heißt, nicht danach zu streben, die Person, in die ich mich verliebt habe, einzufangen und zu meinem Partner zu machen, sondern Verliebtheit zu genießen und - mit Achtsamkeit und Rücksicht auf Gefühle der Beteiligten - sozusagen offenen Auges und offenen Endes mit diesen einen Kontakt zu pflegen, der nicht eine bestimmte Beziehungsform zum Ziel hat. Es heißt auch, nicht darüber nachzudenken, wen mein Geliebter sonst noch so mag und liebt. Obwohl mich das interessiert und er es mir ruhig erzählen kann, frage ich nicht danach, ob mir dadurch etwas abgeht. Es handelt sich um nichts weniger als die Beziehung matriarchal zu denken, also mich als Zentrum zu setzen, frauenzentriert, nicht männerzentriert. Das ist der radikale Schritt, der so schwer zu machen war, weil die emotionale Autonomie fehle, weil ich mich als "Single" nicht vollständig fühlte, wie in dem oben zitierten Text von Eva Illouz beschrieben.
Und jetzt verrate ich noch, wo steht, dass es im Matriarchat allen besser geht und niemand unterdrückt wird, wie es manche - Männer vor allem, aber auch Frauen - vermuten, die sagen, dass es nur eine Umkehrung der Verhältnisse sei: Bertha Eckstein-Diener hat es aufgeschrieben in "Mütter und Amazonen". Mir ist es ganz egal, ob sie ihre Fakten gecheckt hat - im Wesentlichen beruft sie sich auf den großen Bachofen, den Schweizer Matriarchatsforscher, auf Mythologie und Feldforschung. Ihre Sprache ist blumig, ihre imaginative und radikale Auffassung haben etwas Utopisches, und ihr Argument, dass weiblich geleitete Gesellschaften nicht von Regel und Gesetz, sondern vom Wohlergehen aller Mitglieder ausgehen, überzeugt.
Und nun noch einmal zurück zu Illouz: "Was in der modernen  Erfahrung des romantischen Leids verlorengegangen ist, ist die ontologische Sicherheit, die aus der Organisation der Partnersuche in einer moralischen Ökologie der Wahl, der Verbindlichkeit und des Rituals ebenso herrührt wie daraus, daß der Selbstwert in das moralische Gewebe der Gemeinschaft eingelassen ist. Die ontologische Unsicherheit, die das romantische Leid begleitet, ist ungleich verteilt. Weil das Gebot der Autonomie über das Gebot der Anerkennung triumphiert, leben Frauen in der Hypermoderne eines sehr uncartesianischen Selbstzweifels, bei denen ihnen nur wenige oder überhaupt keine moralischen Rahmenbedingungen zur Verfügung stehen, um Sicherheit zu erlangen. Das heißt: Während ein (männlicher) cartesianischer Selbstzweifel letztlich zur Versicherung der eigenen Position, eigenen Wissens und der eigenen Empfindungen führt, untergräbt der durch die therapeutische Kultur der Autonomie und Eigenliebe geprägte (weibliche) Selbstzweifel den ontologischen Grund des Selbst." (Warum Liebe weh tut, FfM 2012)

Da fällt mir ein, dass ich unbedingt was über slut-shaming sagen muss. Das moralische Gewebe unserer Gemeinschaft, jedenfalls derjenigen in der ich aufgewachsen bin, sagte ständig, dass es nicht ok sei, sich sexuell mit vielen Menschen einzulassen und hat dafür das Wort Schlampe eilfertig bereit. Ich komme darauf zurück und wie es sich heute im Begriff "Ethical Slut" zumindest theoretisch zum Guten gewendet hat (Schlampen mit Moral heißt die deutsche Übersetzung des Buches von Dossie Easton und Janet Hardy). Bis morgen, eure Betty

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"The structure of this self-blame has to do with how the prerogative
on autonomy is distributed in both genders. Because women’s self-
worth is the most closely tied to love, because they have been the
prime target of psychological advice, and because the use of psycho-
logical advice is an extension of their activity of monitoring them-
selves and their relationships, they are also the most likely to have
absorbed the structure of that advice, namely being left or simply
being single points back to a deficiency in the self that plots its own
defeat. I would suggest that the intensity of self-blame differs for men
and women – or, in other words, that the tension between recognition
and autonomy is managed culturally by the language of therapy,
which is differently inscribed in men and women’s positions and
relationships.
Doubt that leads to certainty might have been a male trope for a
male taking possession of himself, but the self-doubt I have described
is a female trope, pointing at a subjectivity caught in the tension
between autonomy and recognition and which lacks clear and strong
social anchors for the creation of self-value. This is apparent in one
of the most striking findings of my study that women, and only to a
much lesser degree men, often hold themselves responsible for their
romantic difficulties and failures."

First, I have nothing against exclusive relationships. For many, the heteronormative model is still the ideal they seek, or the automatism they fall into when they fall in love. They live it in a serial way, they only love one person at a time, and as long as they are with that person, they are not allowed to love anyone else either. Happiness stands and falls with the functions of this one "love". And that's good. What could be more fulfilling, gentler, more exciting and more auspicious than the mutual affirmation: I want you, I see in you my future, my counterpart, the father / mother of my children, I desire you. Without drama, however, it usually does not work out. And with every failure at the beginning, end or middle of such a romantic love, self-doubt gnaws us women. What is the alternative? There is nothing right in the wrong? Without overthrow no other relationships? This takes to much time for me. We have experienced that we can love several people - after a break-up at some point there was a new love. That it is possible, but at different times. Why should not it be possible at the same time? Also, at the same time, in the same room, but I was referring to the same period of my life, one day, meeting that person another day, this person, and giving both or all three a space in my heart, as I do with family members and friends too. Most women panic because they immediately imagine their lover doing this with other lovers.My point is to reverse the line of sight and ask: how would it be if I can have everything and nothing is lost? So from my perspective, approaching the multiple relationship does not mean striving to capture the person I've fallen in love with and “make” them my partner, but to enjoy being in love and, with care and consideration for the feelings of those involved, so to speak open eye and open end with these to maintain a contact that does not have a specific form of relationship to the goal. It also means not to think about who else my lover likes and loves. Although I'm interested in that and he can tell me calmly, I'm not asking if I'm going to lose something. It is nothing short of thinking of the matriarchal relationship, of putting myself in the center, woman-centered, not male-centered. This is the radical step that was so hard to do because of the lack of emotional autonomy because I did not feel complete as a "single," as described in the above-cited text by Eva Illouz. And now I'll tell you, where it says that matriarchy is all better and no one is oppressed, as some people - especially men, but also women - suppose, who say that it is only a reversal of the circumstances: Bertha Eckstein- Diener wrote it down in "Mothers and Amazons". I do not care if she has checked her facts - in essence, she refers to the great Bach oven, the Swiss matriarchal researcher, mythology and field research. Their language is flowery, their imaginative and radical views have something utopian, and their argument that female-led societies emanate not from rule and law, but from the well-being of all members convinced.

And now, back to Illouz:
„We may suggest that what was has been lost in the modern experience
of romantic suffering is the ontological security which derives from the
organization of courtship in a moral ecology of choice, commitment,
and ritual and from the embeddedness of self-value in the social fabric
of one’s community. The ontological insecurity that accompanies
romantic suffering is unequally distributed. Because the imperative
of autonomy trumps the imperative of recognition, women live
hyper-modernity in the mode of a very un-Cartesian self-doubt, with few
or no moral frameworks to organize certainty. That is, while a male
Cartesian self-doubt is one that ultimately leads to the assertion of
one’s position, knowledge, and sentiments in the world, the kind
of self-doubt that has been shaped by a therapeutic culture of autonomy
and self-love undermines the ontological ground of the self.
(Eva Illouz: Why love hurts, Cambridge, 2012)

That reminds me that I have to say something about slut-shaming. The moral fabric of our 
community, at least the one I grew up in, implies that it is not right to engage in sexual intercourse 
with many people, and eagerly ready the word slut for it. I come back to it and how it turned today 
in the term "Ethical Slut" at least theoretically for good (sluts with morality is called the German 
translation of the book by Dossie Easton and Janet Hardy). 
See you tomorrow, Betty





How did I get here? ° Wie kam ich hierher?

for English, see below
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Ein geschätzter Leser meines gestrigen Blogeintrags dachte doch tatsächlich, dass ich die Frau mittleren Alters mit dem Dilemma sei, und fragte mich, was ich tun wolle. Ich antwortete ihm ganz ruhig, dass ich das Problem nicht mehr habe. Lasst mich erklären.
Seit fünf Jahren probiere ich alles aus, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. (Übrigens wieder so ein Primatenvergleich - wo zu die gut sind, will ich Euch gleich verraten: nur um menschliches Verhalten mit DNA zu erklären, also aggressives männliches Verhalten wie Kriege führen, einen Einzelnen zu fünft umbringen, Frauen vergewaltigen usw., also können wir nicht anders? Das machen die Schimpansen so, aber Menschen haben die Wahl, sagen ich und meine Freunde. Siehe erster Blog). 
Also Scherz beiseite, ich habe experimentiert mit mir, mit neuen Freunden, die ich aus dem Netz runtergeladen habe und solchen, die mir in Workshops begegnet sind. Erst war es eine spezielle Datingplattform, wo ich im Jahr 2013 mit mehreren Partnern und späteren guten Freunden begegnet bin. Der erste, mit dem ich neun Monate zusammen war, hatte ausgeprägte BDSM Neigungen und plädierte von vorneherein für eine offene Beziehung. Ich hatte zwar keine Ahnung, wie sich das alles anfühlt, ob es weh tut oder ob Schmerz spogar Spaß machen kann (Ja! aber dazu mehr im nächsten Eintrag), aber ich ließ mich darauf ein. Die Vorteile überwogen die Nachteile bei weitem. Er redete nur von offener Beziehung, ich praktizierte sie. Irgendwann meinte er dann beiläufig: Wenn du noch viel erzählst, werde ich doch irgendwann eifersüchtig.
Der zweite, mit dem ich durch Onlinedating länger zusammen war, hatte sich die Polyamorie auf seine Fahnen geschrieben: drei Freundinnen gehörten bereits zu seinen regelmäßigen Partnerinnen, hinzu kam eine radikale Offenheit für Sex auf Parties und in Clubs, mit Männern und anderen Gender. Es war wieder eine Schwangerschaft für ein neues Beziehungsmodell, und am Ende der neun Monate hatte ich auch dessen Vorteile genau begriffen: nicht nur kann man nicht mehr betrogen werden, sondern man hat auch eine gewisse Sicherheit, dass man nicht die Befriedigungsmaschine für den anderen ist. 
In exklusiven Beziehungen läuft es meist so: Eine*r von beiden hat den größeren Sexdrive. Sie* setzt den anderen regelmäßig unter Druck oder fühlt sich abgewiesen, wenn diese*r mal keine Lust hat. Die*jenige mit weniger Lust besitzt die Macht in der Partnerschaft. (Nachzulesen übrigens bei Schnarch, David: Die Psychologie sexueller Leidenschaft). 
Aber bei uns war klar, dass wenn wir uns trafen, nicht unbedingt Sex auf dem Menu stand. Leider brauchte ich eine Weile, um das zu begreifen, aber nicht schlimm, denn am Ende hatte ich es, und es hat mich auch für meine anderen zukünftigen Beziehungen befreit, ab und zu zu sagen: Ich bin doch nicht deine Befriedigungsmaschine.
Nach dieser, zugegeben doch sehr schmerzhaften, Trennung kam Tantra in mein Leben. Und dann nochmal der Versuch, eine monogame Beziehung zu führen, weil ER es wünschte. Tantra ist geblieben, der ER mit der Exklusivität nicht. 
Und damit komme ich zum entscheidenden Punkt, der Nabe, um die sich alles in meinem Blog dreht: 
Die Monogamie ist sehr eng mit dem Patriarchat, mit der Verbannung der Frau in die private Sphäre und ihrer Versklavung zur unfreien Sex- und Hausarbeiterin verknüpft. Und als Trostbonbon hat sie das Expertentum für "Liebe" zugewiesen bekommen. Das ist der Grund allein, warum "Frauen zu sehr lieben", wie es uns Selbsthilfebücher weismachen wollen. Als ob wir von "Natur" aus mehr Gefühle hätten oder besser darin seien, sie auszudrücken.  
All diese Essentialismen dienen nur dazu, den Zustand zu rechtfertigen, der eine Entscheidung der Menschen ist über die Gesellschaftsform, in der sie leben wollen. Und in diesem Fall leben wir immer noch in einem von Männern geführten System, das auf physischer Überlegenheit, Kapitalakkumulation und Ausbeutung der Schwächeren gründet. Wenn auch bei uns in abgemilderter Form. Begründungen dafür werden oft in der frühen Ackerbaugesellschaft gesucht, die im Gegensatz zu Jäger-und Sammergruppen anfälliger für Überfälle und Eigentumsdelikte waren, also den physischen Schutz ihrer Männer stärker brauchten. Daraus entwickelte sich, als man wusste, dass Sex und Kinderzeugung zusammenhingen, dann die Besitzehe, man wollte sein Eigentum nur seinen Kindern vereerben. So die vereinfachte Ableitung. Aber auch das bedarf der Differenzierung, ich komme noch darauf zu sprechen.
Und warum in Beziehungen Frauen oft AUCH und trotz ihrer Expertise für diesen Bereich die schwächeren sind, das liegt daran, dass sie ihren Status darüber beziehen, mit wem sie zusammen sind (Tussistadium - voriger Blogeintrag) und nicht, wie Männer, aus ihrer gesellschaftlichen Stellung. Nachzulesen bei der wundervollen Eva Illouz: Warum Liebe weh tut. 
Wenn ihr jetzt fragt: und wie ist es in der Polyamorie - tut die nicht auch weh? Und ist hier ein weniger statusbehafteter Umgang miteinander, weniger Ungleichehit im Ausdruck und Erleben der Gefühle, weniger Angst und weniger Machtspiele, mehr Vergnügen garantiert? Dazu dann im nächsten Eintrag, wo ich auch nochmals auf die Hauptthesen der Illouz eingehe. Versprochen.


A valued reader of my blog entry yesterday actually thought that I was the middle-aged woman with the dilemma, and asked me what to do. I answered calmly that I did not have the problem anymore. Let me explain.  For five years I try everything, which is not on the tree by the count of three. (Incidentally, another primate metaphor - what these are good for, I'll tell you right away: just to explain human behavior with DNA, so aggressive male behavior like wars, killing one individual to five, five to one, rape and violence to women, etc., That's what the chimpanzees do, but humans have a choice, say I and my friends, see the first blog).  So jokes aside, I experimented with myself, with new friends I downloaded from the net and those I met in workshops. First it was one particular dating platform where I met several partners and later good friends in 2013. The first, with whom I stayed together for nine months, had strong BDSM tendencies and pleaded for an open relationship from the outset. Although I had no idea how it all feels, whether it hurts or pain can be fun even (yes, more about that in the next entry), but I agreed. The advantages outweighed the disadvantages by far. He only theorized of open relationship, I practiced them. At some point he said casually: If you tell me one more thing, I will eventually be jealous.  The second “downloaded man” had spearheaded polyamory: three girlfriends were already his regular partners, alongside with a casual encounters at sex at parties and in clubs, with men and other genders, a person of radical openness and honesty. It was again a pregnancy for a new relationship model, and by the end of the nine months I had understood its benefits well: not only can you no longer be cheated, but you also have a certainty that you are not the masturbation machine for the other.
In exclusive relationships, it usually runs like this: One of both has the bigger sex drive. S*he regularly puts pressure on the other or feels rejected if she does not feel like it. The one with less desire possesses the power in the partnership. (By the way, in the case of Schnarch, David: Passionate Love, Sex and Intimacy in Emotionally Committed Relatiosnhips).  But with us it was clear that when we met, sex wasn’t necessarily on the menu. Unfortunately, it took me a while to realize that, but in the end I had it, and it also freed me for my other future relationships, saying from time to time: I'm not your satisfaction machine.  After this, admittedly very painful, separation, Tantra came into my life. And in between, again trying to have a monogamous relationship because He wanted it. Tantra has remained, the HE with the exclusivity not.  And that brings me to the crucial point, the hub around which everything revolves in my blog:  Monogamy is very closely linked to patriarchy, the banishment of the woman into the private sphere and her enslavement to the unfree sex and houseworker. And as a consolation she has been assigned the expertise of "love". That's the only reason why "women love too much”, as self-help books would have us believe. As if we had more feelings of "nature" or were better at expressing them.  All these essentialisms serve only to justify the condition that is a decision of the people about the social form in which they want to live. And in this case, we still live in a male-led system based on physical superiority, capital accumulation, and exploitation of the weaker ones. Even with us in a mitigated form. Foundations for this are often sought in the early farming community, which were more susceptible to raids and property offenses, than hunter/gatherer groups, so the physical protection of their men was needed more. As a result of this, when they knew that sex and child-making were connected, it was possession that man wanted to pass his property only to his children. Thus the simplified version. But that too needs differentiation, I'll come back to it.  And why in relationships women are often STIll the weaker part, despite their expertise in this field, is because they relate their status to who they are with (little wife stage - see previous entry) and not, like men, from their social position. Read the wonderful Eva Illouz: Why love hurts.
If you ask now: and how is it in polyamory - does not it hurt too? And is there a less status-related way of dealing with each other, less inequality in expressing and experiencing feelings, less fear and fewer power games, more pleasure guaranteed? More on this topic in the next entry, where I also go back to the main theses of Illouz. Promise.


Dienstag, 15. Mai 2018

In the patriarchal matrix ° im Klammergriff patriarchaler Beziehungsmuster

for English, see below
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Eine Frau im mittleren Alter, die zwei heranwachsende Kinder hat, formuliert ihren Beziehungswunsch: "ich möchte einen Mann auf Augenhöhe, jemand, mit dem ich durchs Leben schreiten kann, der mir intellektuell und auf anderen Gebieten das Wasser reichen kann; ich möchte ein abwechslungsreiches Sexleben; ich möchte auch den jungen Burschen, der mit seinem Fahrrad duch Berlin düst, den mit dem Knackarsch.
Der eine für die Sicherheit und den Status, der andere für den Spaß im Bett? Ich sage, gern, du kannst ja beides haben. Das glaubt sie mir nicht: Wie soll das denn gehen?
Natürlich meine ich nicht, dass sie den Statusgeber hintergehen soll.
Und ich bin auch nicht unbedingt dafür, dass sie diesen braucht, um sich aufzuwerten. Krass gesagt, und mit Maja Storch, die u.a. das wunderbare Buch: "Die Sehnsucht der starken Frau nach dem starken Mann" geschrieben hat, ist unsere starke Frau von 50 immer noch teilweise im Tussi-Stadium. "Tussi" ist ein böses Wort, das wenn es mit einiger Verve abwertend gesagt wird, darauf hinweist, dass wir es mit einer Schattenprojektion zu tun haben, genauer: ich selbst habe diese verborgene und abgelehnte Seite in mir, diesen Wunsch, von einem Alphamännchen abgeholt zu werden, der mich mit seinem starken Arm auf sein Pferd hebt und ins Schloss mit mir reitet, mir dort einen Thron neben dem seinen anbietet und mich mit Silberhänden ausstattet.
Die Silberhände stehen für eine gewisse Handlungsunfähigkeit. Das Bild stammt aus dem Märchen: "Das Mädchen ohne Hände", in welchem drei Stadien der Frauwerdung beschrieben sind: Mädchen in Abhängigkeit von einem starken Vater, Frau in Abhängigkeit vom starken Ehemann und Frau, die durch Einsamkeit zu sich selbst und zu emotionaler Reife gefunden hat (und dann, aber das ist ein Nebeneffekt, auch eine wahre Liebe auf Augenhöhe erleben darf).
In unserem Fall hat diese Frau berechtigte Wünsche an das Leben: Wohlstand und intellektuellen Austausch, sexuelle Leidenschaft und tiefe Befriedigung. Aber sie zahlt den Preis der Spaltung, weil sie nicht glauben kann, dass sich all diese Wünsche unter einen Hut bringen kann. Letztlich glaubt sie, dass sie an ihrer eigenen Eifersucht scheitern wird, denn wenn sie dem "König" gestehen würde, dass sie noch andere Männer in ihr Bett locken möchte, dann würde er sie verstoßen oder das gleiche umgekehrt mit ihr machen.
Was ihre Lösung ist, weiß nur sie selbst. Entweder sie entscheidet sich, nochmals eine konventionelle Ehe mit all ihren Fallstricken einzugehen: Aufgabe der Eigenständigkeit, Hausfrauenrolle, womöglich Hintergehen auf beiden Seiten oder Aufgabe ihrer Lust an der Abwechslung. oder sie bleibt in der gegenwärtigen Schwebe und hat gelegentlich Affären mit ihrerseits verheirateten Männern. Oder auch unverheirateten, die aber ungebunden bleiben wollen. Oder sie sucht ihren WEg, der Einsamkeit mit sich bringt, aber letztlich Integration ihrer Persönlichkeit.
Das Patriarchat lässt uns die Wahl, aber es ist keine große Auswahl. Wir könnten aber aussteigen aus den angebotenen Möglichkeiten und uns die Modelle im matriarchat anschauen:
Besuchsehe (der Mann wohnt nicht bei ihr, also keine Gefahr, für ihn das Hausmütterchen zu spielen); Frau ist zwar verheiratet, hat jedoch alle Freiheiten der sexuellen Liebe mit anderen; kein Ehe; die Kinder stammen eh von der Mutter ab.
Viele werden sagen: ist das Matriarchat nicht nur eine Umkehrung der Verhältnisse? Gibt es das überhaupt? Hat es das je gegeben? Komplexes Thema. Es gibt heute noch matriarchale Gesellschaften und solche, die es teilweise sind, wo z.B. matrilokale Ehen der Normalfall sind. Ich war selbst Gast bei einer solchen Kultur, viele Male. Dazu mehr im nächsten Eintrag.
Disclaimer: Ich bin NICHT die beschriebene Frau!

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A woman in her early fifties with two adolescent children expresses her desire for the next relationship: "I want a man on par, someone I can walk through with, who can keep up with me intellectually and in other areas; I also want the young guy who scamps with his bike through Berlin, the one with the ass. 
One for safety and status, the other for fun in bed? I say you like it - you can have both. She does not believe me: how is that supposed to work? Of course I do not mean that she should cheat on the status provider.  And I'm not necessarily in favor of her needing to upgrade herself with the help of a man. Bluntly put, and with Maja Storch, who wrote the wonderful book, "The Longing of the Strong Woman for the Strong Man", our strong woman of 50 is still partly in the “little wife” stage. "Little wife" is a bad word which, when it is said with some verve pejoratively, indicates that we are dealing with a shadow projection, more precisely: I myself have this hidden and rejected side in me, this desire for an alpha male to pick me up, who lifts me uo on his horse with his strong arm and rides into the castle with me, toffers me a throne next to his and equips me with silver hands.  The silver hands represent a certain inability to act. The image comes from the fairy tale: "The girl without hands", in which describes three stages of the female: the girl depending on and obeying a strong father, the wife depending on the strong husband and the woman, who through a phase of loneliness finds emotional maturity and security in herself (and then, but that is a side effect, even true love may occur). 
In our “case”, this woman has legitimate wishes for her life: wealth and intellectual exchange, sexual passion and deep gratification. But she pays the price with a split in her personality, because she can not believe that all these desires can be reconciled. Ultimately, she believes that she will fail due of her own jealousy, because if she confesses to the "king" that she wants to lure other men into her bed, then he would either reject her or do the same with other women.
She only knows what her solution is. Either she decides to go back to a conventional marriage with 
all its pitfalls: abandonment of self-reliance, housewife role, possibly cheating on both sides or 
abandoning her desire for variety. Or she remains in the current state of affairs and occasionally 
has affairs with married men. Or she remains without partner, fulfilling her desires in occasional 
flings. Or she seeks her path that brings loneliness, but ultimately integrates her personality. 
Patriarchy leaves us the choice, but it is not a wide variety of choices. But if we could get out of 
the patriarchal matrix and look at models in matriarchy: Visiting marriage (the man does not live 
with her, so there is no danger of playing the house-mother for him); a woman is married, but she 
has all the freedom of sexual love with others; no marriage - the children are always from the mother. 
Many will say: is matriarchy not just a reversal of patriarchy? Is that even possible? 
Has it ever existed? Complex issue. There are still matriarchal societies today and those that are 
partial, where matrilocal marriages are the norm. I was a guest of such a culture myself, many times. 
More in the next entry. Disclaimer: I am NOT the woman I described.